„Früher waren Mission und Vision modern, jetzt ist es der Purpose.“ Da mag etwas Wahres dran sein und
gleichzeitig steckt in jeder Neuentwicklung ein Aspekt, der im Früheren nicht vorkam. Als „Mission“
bezeichnen Unternehmen meist ihren Auftrag, den Zweck für den sie gegründet worden sind. Und die
Vision gibt Auskunft darüber, wohin sich das Unternehmen in ein paar Jahren oder langfristig entwickeln
will. Beides soll allen im Unternehmen Beschäftigten Klarheit und Orientierung geben. Das ist wichtig,
reicht aber heute vielfach nicht mehr als Motivation für die Mitarbeitenden oder für die Anwerbung neuer
Talente, die nach einer sinnvollen beruflichen Tätigkeit suchen. Auch KundInnen wählen zunehmend
Unternehmen aus, die nicht nur ein gutes Produkt oder gutes Service bieten, sondern dies vor einem ganz
bestimmten Wertehintergrund tun.
Etwas tun, das Sinn macht
Als Menschen, die viel Lebenszeit im Unternehmen verbringen, wollen wir an etwas mitwirken, das uns
Sinn gibt. Wir erwarten, dass ein Unternehmen ein Ziel verfolgt, das größer ist, als Geld zu verdienen, dass
es einen Beitrag leistet in der Welt. Diesen Sinn zu vermitteln, Antwort auf das WARUM des
unternehmerischen Tuns zu geben, das über das Eigeninteresse hinausgeht, ist Aufgabe des Purpose.
Die Antwort darauf kann sowohl ein Kundennutzen wie auch ein gesellschaftlicher Beitrag sein. Damit
dieser Purpose auch wirklich Zugkraft entwickelt, genügt es nicht, schöne Worte zu finden und sie
irgendwo zu veröffentlichen. Im Idealfall wird er zur Richtschnur für alle Aktivitäten im Unternehmen, die
nach innen und nach außen gehen, wird erlebbar und authentisch: Entspricht diese Entscheidung unserem
Purpose? Passt diese Bewerberin zu unserem Purpose? Wird in der Art unserer Kommunikation unser
Purpose sichtbar? etc.
Ausgangspunkt ist das WARUM
Verdeutlicht hat diese Forderung nach Authentizität einer der Pioniere der unternehmerischen Sinnsuche – Simon Sinek – mit seinem Modell des Golden Circle:
Im Zentrum steht das WARUM. Es ist das, was ein Unternehmen in die Welt bringen möchte, es sind die grundlegenden Überzeugungen und höheren Ziele.
Das WIE sind die Handlungen, die Unternehmen setzen, die Art und Weise, wie sie wirtschaften um das, woran sie glauben, zu realisieren.
Das WAS sind in der Folge daraus die Produkte, Leistungen, Services etc., die angeboten werden.
Es geht beim Purpose immer darum, als Unternehmen/Organisation/Team/Einzelperson einen Beitrag zu einem größeren Ganzen zu leisten, mit dem eine Wirkung erzielt werden soll. Diese beiden Elemente – Beitrag und Wirkung – schlägt Sinek auch für die Purpose-Formulierung vor. Die Formulierung sollte einfach, klar und handlungsorientiert sein, mehr Verben als Substantive haben, keine Negationen sondern positive Begriffe enthalten und der alltäglichen Sprache der Beteiligten entsprechen.
Purpose-Beispiele
Ein von uns begleiteter Kunde formulierte folgenden Purpose:
„Wir setzen uns für den Schutz der Lebens- und Produktionsgrundlagen ein, damit die Menschen jetzt und in Zukunft ein gesundes und qualitätsvolles Leben führen können“.
Manchmal sind Purpose-Formulierungen ausführlicher, manchmal noch viel reduzierter. Unser eigener Purpose bei CONEVO etwa lautet: Entwicklung ermöglichen. Für uns Conevist*innen ist durch den Prozess der Auseinandersetzung glasklar, was wir darunter verstehen, dieser Purpose motiviert uns, gemeinsam in dieser Firma zu sein und nicht woanders.
Und darum geht es. Der Purpose ist kein Slogan, sondern es kommt darauf an, dass er von den Menschen innerhalb des Unternehmens verstanden wird. Sich mit dem zu beschäftigen „Worum es eigentlich geht“ und das miteinander auf den Punkt zu bringen, empfinden viele unsere Kunden als unglaublich wertvoll. Dieser Prozess wird als stärkend, motivierend und gemeinschaftsstiftend erlebt.
Purpose und Selbstorganisation
Noch gibt es viele Unternehmen, die keinen ausformulierten Purpose haben und trotzdem sehr erfolgreich sind. Möglicherweise ist ihr impliziter Purpose so klar, dass er nicht mehr formuliert werden muss. Betrachtet man aber den Trend und die Notwendigkeit vieler Unternehmen, die Selbstorganisation immer mehr zu fördern, um auf die vielfältigen und sich immer rascher verändernden Anforderungen besser reagieren zu können, um innovativer zu sein, weil Teams und Mitarbeitende mehr Verantwortung bekommen, führt kein Weg am Purpose vorbei. Der starke gemeinsame Purpose ist der Herzschlag jedes selbstorganisierten Unternehmens. Deshalb sollte bei der Einführung von mehr Selbstorganisation die Definition des Purpose immer der erste Schritt sein.
Sigrid Waser-Wagner, CONEVO